Wintersemester 2008/2009

Prof. Dr. Irina Scherbakowa
(Moskau)

Irina Scherbakowa, geboren 1949, ist Historikerin und Publizistin. Nach vielen Jahren in der akademischen Lehre und Forschung widmet sich die Oral History-Expertin mittlerweile ganz ihrer Arbeit für die Menschenrechtsorganisation „Memorial“ in Moskau.

Schon Ende der siebziger Jahre begann sie, lebensgeschichtliche Interviews mit Opfern des Stalinismus und des GULag zu führen. Ihr Forschungsinteresse gilt vor allem Fragen der Gedächtniskultur und Gedächtnisgeschichte. Für „Memorial“ leitete und koordinierte sie seit der Gründung der Organisation 1988 durch Andrej Sacharow eine Vielzahl wissenschaftlicher Projekte. Für ihre Verdienste um die Aufarbeitung der deutsch-russischen Beziehungsgeschichte erhielt Irina Scherbakova 2005 das Bundesverdienstkreuz.

Die promovierte Germanistin arbeitete nach ihrem Studium als Übersetzerin für deutsche Belletristik und als freischaffende Journalistin für verschiedene Literaturzeitschriften. Von 1992 bis 2007 lehrte sie am Zentrum für Oral History der Sozial- und Geisteswissenschaftlichen Universität Moskau. Sie war Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin und am Institut für die Wissenschaften vom Menschen in Wien. Gastprofessuren führten sie nach Salzburg und zuletzt nach Bremen. Frau Scherbakowa ist Mitglied des wissenschaftlichen Kuratoriums der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Sie gehört dem Internationalen Beirat der Stiftung „Topographie des Terrors“ und dem Kuratorium der „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“ an. Als Leiterin des russischen Schülerwettbewerbs „Der Mensch in der Geschichte. Russland im 20. Jahrhundert“ kooperiert sie seit Jahren mit der Körber-Stiftung.

Irina Scherbakowa ist Autorin und Herausgeberin zahlreicher Bücher, viele wurden ins Deutsche übersetzt; zuletzt erschienen von ihr: Unruhige Zeiten. Lebensgeschichten aus Russland und Deutschland (Hamburg 2006), Russlands Gedächtnis. Jugendliche entdecken vergessene Lebensgeschichten (Hamburg 2003) und Nur ein Wunder konnte uns retten. Leben und Überleben unter Stalins Terror (Frankfurt am Main 2000). Zu dem von Norbert Schreiber herausgegebenen Band Anna Politkowskaja. Chronik eines angekündigten Todes (Klagenfurt 2007) verfasste sie das Nachwort.

Im Wintersemester 2008/2009 war Irina Scherbakowa Gastprofessorin am Jena Center Geschichte des 20. Jahrhunderts. Unter dem Titel Glorreicher Sieg oder blutiger Krieg? Der Zweite Weltkrieg im russischen Gedächtnis hielt sie am 10. November 2008 einen öffentlichen Vortrag in der Aula der Friedrich-Schiller-Universität.